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Vorerst gibt es hier drei Berichte:

Lenny im Altenheim Thiede

Nera und die Polarlichter in der Dunkelheit

Kimmy - Sanfte Therapeutin im DRK-Pflegeheim Eutin wirkt Wunder


 

Lenny schmiegt sich an – und die Frau lächelt
Einmal die Woche bekommt das Awo-Altenheim in Thiede tierischen Besuch: Ein Angebot besonders für demenziell Erkrankte

Von Kerstin Loehr

SALZGITTER. Die alte Frau spricht eigentlich kaum mehr als drei Worte pro Tag. Sie ist dement – versteht die Welt nicht mehr. Aber heute kommt Lenny: Der Zwergpudel springt auf ihren Schoß, stupst mit seiner kühlen Nase an ihren Körper. Ihre kalten Hände berühren das kuschelige Fell. Plötzlich löst sich der starre Blick, die Lippen bewegen sich – die Frau spricht. Sagt, dass sie Hunde liebt, Dass sie selbst mal einen hatte.

Lenny ist ein Therapiehund. Jeden Donnerstag geht seine Besitzerin und ausgebildete Hundetrainerin Heidi Lehr für eine Stunde mit ihm ins AWO-Altenheim in Thiede.

"Wir nutzen dieses Angebot besonders für demenziell Erkrankte", sagt AWO-Sozialpädagogin Cornelia von Meyendorff. "Viele dieser Menschen wissen zwar nicht mehr, was sie vor eine halben Stunde gegessen haben, aber wer Lenny ist, das wissen sie." Mehr noch: "Die Berührung des Hundes, seine Wärme stillt nicht nur das Bedürfnis nach Nähe, sondern weckt auch Erinnerungen aus Kindheit und Jugend – die Menschen beginnen zu erzählen."

10 Uhr morgens. Im Vorraum zum Wohnbereich II haben sich bereits an die zehn alte Menschen im Kreis versammelt; einige sitzen auf Stühlen, andere im Rollstuhl; einige wirken präsent, andere abwesend. "Sie kriegen jetzt tierischen Besuch", sagt Heidi Lehr, legt einer älteren Dame im Rollstuhl eine Decke auf die Beine und setzt Lenny drauf.

Der Zwergpudel schmiegt sich sanft an die Frau, lässt sich streicheln, nimmt ein Leckerli aus Heidi Lehrs "Bauchladen" entgegen – kein Knurren, kein Bellen. "Das ist strengstens verboten", erklärt Heidi Leer. "Ein Therapiehund muss absolut diszipliniert sein."

Zweimal zehn Tage lang war die Salzgitteranerin mit Lenny auf einer Schulung: Die Frau hat eine theoretische Prüfung erfolgreich hinter sich gebracht, der Hund einen dreieinhalbstündigen praktischen Basis- und Fähigkeitstest. "Eine Therapiehundeprüfung darf ein Tier nur einmal versuchen, und es muss zu 100 Prozent bestehen." Eine einzige unkontrollierte Bewegung – und der Hund sei durchgefallen, betont Heidi Lehr.

Zähneputzen ist Pflicht

Lenny macht im Altenheim immer die Runde: Jetzt möchte eine Parkinson-Kranke mit ihm schmusen. "Ein normaler Hund würde hier vielleicht zuschnappen, wenn die Hand zu stark zittert", sagt Heide Lehr. Nicht so Lenny. Das schwarz-braune Knäuel lässt alle Streicheleinheiten über sich ergehen. Auch ein Küsschen ist erlaubt: "Lenny wird regelmäßig frisiert und gewaschen", erzählt die Trainerin und fügt hinzu: Auch Zähneputzen sei Pflicht.

Kurz vor Ende der Stunde ist Spielzeit. Lenny bekommt ein Kuscheltier, darf bellen, knurren, toben. "Toll, was der Hund alles kann", juchzt eine Bewohnerin. Und nun gibt sogar die Frau, die die ganze Zeit zusammengesackt auf ihrem Stuhl saß, ein Lebenszeichen von sich; sie öffnet ihre Augen.

Plötzlich schmeißt sich Lenny lang auf den Boden – schluss, aus basta. "Nach so einer Stunde ist der Hund schon ganz schön kaputt", erklärt die Chefin. "Er muss sich ja auch auf die einzelnen Menschen einstellen." Auf alte Menschen genauso wie auf Kinder.

Kinder? "Ja, auch mit Kindern, ganz kleinen oder behinderten, weiß Lenny umzugehen", sagt Heide Lehr. Einmal sei ein Junge in einem Elektrorollstuhl mit ihm im Arm umhergeflitzt – "und Lenny bleibt mucksmäuschenstill."

Bei Kleinkindern hingegen sei auch Pädagogik im Spiel: "Hier erkläre ich den Hund, sage aber auch, dass nicht jedes Tier einfach so gestreichelt werden darf."

Voraussetzung: "wesensfest"

Dennoch, so Heidi Lehr, sei grundsätzlich jeder Hund, der wesensfest ist und sich bedingungslos alles gefallen lässt, für eine Therapiehundeausbildung geeignet. Eins aber reiche nicht, warnt sie: "einfach nur einen lieben Hund zu haben".


Mittwoch, 02.07.2003

Quelle 

 


 

Nera und die Polarlichter in der Dunkelheit

Für Heide Mövius (64) und Nera (12) ist es ehrenamtlicher Alltag. Für viele Bewohner des PFLEGEN UND WOHNEN Senioren Centrums Alsterberg ist es ein Höhepunkt der Woche, wenn die beiden vorbeischauen. Seit Jahren sind Heide Mövius und ihre Belgische Schäferhündin im Einsatz. Ein kurzer Plausch mit Streicheleinheiten. Wärmende Momente. Und immer wieder gibt es auch so etwas wie Miniatur-Wunder. Wenn Nera, die schwarze Hündin, Licht dorthin bringt, wo Dunkelheit herrscht.

 NeraEin schöner Frühlingstag in Hamburg. In Haus 1 freut sich Hermann Mörke schon auf Neras Besuch. Der 94-Jährige und die betagte Hündin kennen sich schon lange, sind ein eingespieltes Team. Vertraute Gesten. Da braucht es wenige Worte. Wenn sich Nera an seine Seite drückt, huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Hermann Mörke geht auf Zeitreise, schaut zurück auf die Augenblicke seines Lebens. Besonders gerne, wenn Nera in der Nähe ist.

 Nera

Die Jugend in Pommern, der Krieg überall, der Neuanfang in Hamburg, wo er im Vermessungsamt mithalf, den Stadtteil Bramfeld aufzubauen. Er erzählt von seinem geliebten Hund, mit dem er als Junge über die weiten Felder tobte. Und dem Momente, als der Tod den Ernst des Lebens in die Kindheit brachte. Der Hund erkrankte, musste erschossen werden. Die letzten Hunde-Blicke am Rande der ausgehobenen Grube, die das Grab des Tieres wurde, hat er bis heute nicht vergessen. Genauso wenig wie die Kriegszeit in Lappland, wo der größte Feind die klirrende Kälte war. 90 Mann und 20 Frauen waren in der Einheit von Hauptfeldwebel Mörke. Plötzlich ein Lächeln, als er sagt: „Hunde hatten wir keine dort. Dafür gab es Rentiere. Und Polarlichter. Als ich die zum ersten Mal sah, dachte ich, die Welt geht unter.“

 Nera

Hermann Mörke blickt aus dem Fenster, lässt seine Hand von der Stuhllehne baumeln, sie landet auf Neras Rücken. Fast ein Jahrhundert Menschenleben trifft auf erfahrenes Hundefell. Dann steht er langsam auf, streicht die Jacke seines Trainingsanzugs behutsam glatt, macht ein paar Schritte. Anstrengend ist es. Aber auch gut. Bewegung. Für den Geist und den Körper. Nera schaut zu. Hermann Mörke beugt sich hinab zu ihr, legt seine Hand auf ihren Kopf. Sie sind einig und eins in diesem Moment. Zum Abschied lächelt er noch einmal: „Im Jahr 2014 werde ich 100 Jahre. Dann kriege ich eine goldene Medaille von der Stadt. Die silberne habe ich ja schon. Die gab es zum 90. Geburtstag.“

Streicheleinheiten für Mensch und Tier

Heide Mövius und Nera gehen weiter. Den Gang entlang. Über Linoleumboden. In weitere Zimmer. Auf ein paar weitere Worte und weitere Streicheleinheiten. Neras italienischer Name ist Programm. „Die Schwarze“ hellt Gesichter von Menschen auf, die nur selten Besuch kriegen. Menschen, deren Angehörige wenig Zeit haben, weit weg leben oder sich einfach nicht mehr für sie interessieren. Vor dem Haus blühen die ersten Pflanzen. Auch Nera braucht jetzt eine kurze Pause. Denn was so einfach aussieht, ist anstrengende Arbeit. Trotz ihres ruhigen, ausgeglichenen Wesens, trotz der jahrelangen Erfahrung als Begleithund. Während Nera in der Sonne entspannt, erzählt Heide Mövius von ihrer Arbeit: „Es war ein Zufall. Ich machte ehrenamtliche Altenbetreuung und nahm Nera eines Tages einfach mit. Wir waren bei einer alten Dame, die mit Niemandem sprach, sich ungern anfassen ließ. Als sie Nera sah, streichelte sie sie, redete mit ihr. Mit mir und anderen wechselte sie aber nach wie vor kein Wort.“ Heide Mövius sprach sich mit der Heimleitung und dem Pflegepersonal ab, nahm ihre Hündin immer häufiger mit, besuchte gezielt Patienten, die unter Einsamkeit litten oder denen der Kontakt mit einem Hund viel bedeutet. Bis heute wundert sich die ehrenamtliche Helferin, dass ihre Hündin im Alteneinsatz so beliebt und erfolgreich ist: „Nera war ein schwieriger Hund. Wir sprachen immer vom K-Wurf, aus dem sie stammt. Dem Katastrophen-Wurf.“ Heute hat die Belgische Schäferhündin rund ein halbes Dutzend feste Patienten, die sie regelmäßig besucht. Dazu kommen die zahlreichen spontanen Begegnungen in Fluren und Zimmern. Streicheleinheiten, bei denen offen bleibt, wer mehr davon hat.

Ein Blindenführhund für die Seele

Regelmäßig besuchen Heide Mövius und Nera auch das Haus Nummer 7 der Pflegeanlage. Hier leben vor allem Menschen, die an Altersdemenz erkrankt sind. Menschen, deren Erinnerung jeden Tag mehr verblasst. Die erlebte Welt löst sich Stück für Stück auf. Gedächtnisaussetzer. Verwirrung. Orientierungslosigkeit. Kontrollverlust. Am Ende ist Dunkelheit, in der man sich verloren hat. Auch hier sorgt Nera für Lichtblicke. Wenn sie auf Tuchfühlung mit Demenz-Patienten geht, deren Gefühlswelt stimuliert oder durch Ballspiele Mobilität und Koordination trainiert. Für Heide Mövius ist es nach langjähriger Arbeit in diesem Bereich logisch, dass ein Hund in einigen Fällen einfach der bessere Betreuer oder Therapeut ist: „Bei einigen Patienten baut ein Tier Ängste ab, nimmt Scheu. Und für erwachsene Menschen, die ganz unten angekommen sind, kann es einfacher sein, den Kontakt mit einem Tier zu suchen, das sich an ihre Beine lehnt, statt mit einem Menschen, der ihnen geistig deutlich überlegen ist.“ Immer wieder kommt es in Haus 7 zu Momenten, in denen selbst erfahrene Betreuer sprachlos sind, wenn Nera für einige Augenblicke die Dunkelheit durchdringt und einen schwer krankten Demenz-Patienten erreicht. Dann ist Nera ein Blindenführhund für die Seele. Und auch Heide Mövius ist dann immer wieder sprachlos: „Das ist jedes Mal ein absolutes Gänsehaut-Erlebnis.“ Nera ist nicht nur Betreuerin und Begleiterin für alte und kranke Menschen. Auch am Ende eines Lebens ist die Hündin dabei, erzählt Heide Mövius: „Es gab eine Dame, zu der hatte Nera eine besonders innige Beziehung. Als die Frau starb, war Nera bei der Beerdigung auf dem Friedhof dabei.“

 Nera

Nera. Ein Leben mit Menschen, die viel erlebt haben. Die Polarlichter sahen. Oder deren Erinnerung im Dunkeln für immer verschwindet. Wie man dort durchdringt, wie es sich anfühlt  - das bleibt Neras Geheimnis.

 

Text: mit freundlicher Genehmigung von Stefan Hildebrandt - Fotos: Noah 

Quelle

 


 

 

Border Collie „Kimmy“ – die sanfte Therapeutin

Eutin - Sie leben in ihrer ganz eigenen Welt. Doch Hündin „Kimmy“ hat ihre Herzen im Sturm erobert: Bei Demenzkranken des Eutiner DRK-Pflegeheims bewirkt sie immer wieder kleine Wunder.

Tränen stehen in den müden Augen. Es sind Tränen des Glücks, rein und unverfälscht. Hemmungslos lässt der Mann im Rollstuhl seiner Rührung freien Lauf. Seit Jahren schon lebt Herr B. in seiner ganz eigenen Welt. Er ist dement. Das Hier und Jetzt, nein, das ist schon lange nicht mehr seins. Doch wenn die kleine „Kimmy“, dieser schwarz-weiße Wirbelwind mit frecher Zeichnung auf der Stirn, erwartungsvoll vor ihm steht, ihm die Pfote und einen grünen Hundeknochen aus Plastik auf den Schoß legt, dann ist es, als käme er für einen Moment lang zurück. Dann nimmt er das Spielzeug, wirft es in die Luft, und wenn „Kimmy“ es holt und ihm zurückbringt, steht nichts als Freude in seinem Gesicht.

Es war ein Tag im März, als Brigitte Trothe ihre junge Border Collie Hündin zum ersten Mal mit zur Arbeit ins DRK-Pflegezentrum an der Eutiner Waldstraße brachte. „Eigentlich war dieser Besuch nur als Abwechslung für unsere Bewohner gedacht“, erinnert sich die 41-Jährige aus Oevelgönne und lächelt. Doch „Kimmy“ machte daraus eine Art Vorstellungstermin, zeigte sich von ihrer Schokoladenseite: Die Bewohner waren sofort hin und weg von der kleinen Hundedame, und so blieb eigentlich nichts anderes, als ihr einen „Job“ zu geben. Als Therapiehund – auch wenn sie dafür gar nicht ausgebildet ist. „Ich war selbst ganz überrascht, wie sensibel sie sich den Bewohnern näherte“, erzählt Brigitte Trothe. Schließlich sei „Kimmy“ draußen eine echte Draufgängerin. Ganz instinktiv aber spürt sie, wie sie sich den Kranken nähern muss – eine Eigenschaft, die Therapiehunde eigentlich erst lange lernen und trainieren müssen.

Gleich am ersten Tag habe sie alle beeindruckt, sprang bei einer alten, völlig in sich gekehrten Dame aufs Bett und schlich sich vorsichtig an sie heran. „Sie stupste sie ganz zaghaft an der Wange und schob ihren Kopf unter die Hand der Frau. Und plötzlich fing die an, ,Kimmy’ zu streicheln“, sagt Brigitte Trothe. Und so schafft es die Hündin auch heute immer wieder, Menschen wie Herrn B., die längst den Kontakt zur realen Welt verloren haben, zumindest für einige Momente wieder erreichbar zu machen. Aus einem Wirrwarr von Worten werden plötzlich wieder ganze Sätze.

Ihr bislang größtes kleines Wunder hat „Kimmy“ aber an Herrn B. vollbracht. Seine linke Hand ist seit einem Schlaganfall komplett verkrampft. Niemand hatte es geschafft, sie zu öffnen. Dann kam diese kleine Hundedame. Brigitte Trothe fragte Herrn B., ob er „Kimmy“ vielleicht mit den Resten vom Abendbrot füttern wolle. Voller Freude stimmte er zu, weil er aber selbst noch die Gabel vom Essen in der gesunden Hand hielt, nahm er die kranke, öffnete sie, griff nach einer Scheibe Wurst und reichte sie „Kimmy“. Und nochmal, und nochmal. „Das war unglaublich“, sagt Brigitte Trothe und lächelt. „Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“

Von Christina Schönfeld